Die deutsche Einheit
...aus Ossi-Sicht

Einheit ist ein großes Wort
und ein sehr hohes Ziel
und wer sie lebt - in seinem Ort,
erreichte schon sehr viel.

Landesweit in Ost und West,
die Einheit zu vermitteln,
das wird verneint vom kleinen Rest,
der immer hat zu kritteln.

Das längst Verflossne wird verbrämt,
als müsst' man es beweinen,
wer offen drüber nach - nun denkt,
der kann das nur verneinen.

Das Grenzenlose ist ein Sieg,
der nie zu hoch bemessen,
das Gegenteil - es hieße Krieg,
ist alles schon vergessen?

Wenn Leben - nicht Besitz nur heißt,
dann werden wir gewinnen,
wenn jeder aber jeden beißt,
geht Einheit schnell von hinnen.

Ein Land das braucht Zufriedenheit,
das muss ein Volk erreichen,
man schafft es nur durch Einigkeit,
der Egoist muss weichen.

Das Leben ist ein hartes Los,
das hat nicht nur Gewinner,
wer euch das immer wieder sagt,
der ist ein großer Spinner.

Der Wohlstand war noch nie so groß,
trotz aller Not und Pleiten,
selbst Einheit fällt in keinen Schoß,
man muss schon dafür streiten.

Drum lasst euch bitte etwas Zeit,
wir hatten fünfzehn Jahre -
davor - das tut mir viel mehr leid,
war'n vierzig - nicht das Wahre.

Bananenland und Reiselust,
sind heute gang und gebe,
vergleicht es - mit dem frühren Frust,
- und sagt, was hoch nun lebe.

...aus Wessi-Sicht

Das Adenauer-Heimatland,
das war nicht mehr zu halten,
im Osten bald die Mauer stand,
auch sehr zum Frust vom Alten.

Das Wirtschaftswunder war verweht,
es kamen bald die Roten,
mit Willy Brandt - es halbwegs geht,
'gen Osten zogen Boten.

Ein Eisen-Vorhang trennt die Welt,
man drohte aller Orten,
der Westen zahlte sehr viel Geld
bei Häftlings-Kauf-Transporten.

Dazwischen gab's die RAF,
der Schily schob Kassiber,
man spioniert in jedem Kaff,
was Schönres wär' uns lieber.

Dann kam der Tag des Mauerfalls,
das gab der Wirtschaft Aufwind,
wir Kleinen hofften ebenfalls,
dass man dadurch sein Glück find.

Dann kam der große Bluff heraus,
die Zone war nichts wert,
sie zog uns glatt das Hemd noch aus,
wir wurden schnell bekehrt.

Der Landgewinn im Ossiland,
der bracht nicht nur Freude,
er raubte manchen Sachverstand,
uns packe bald die Räude.

Heut hat das arme Ossi-Land
die heilsten aller Strassen,
die Gelder fließen unverwandt
und uns ist nicht zum Spaßen.

Doch eines ist nun doch geschehn,
uns droht nicht mehr die Mauer,
Raketen sind nicht mehr zu sehn,
sie standen auf der Lauer.

Das Land hat Frieden - bitte sehr,
vereint sind Ost und West,
Europa bringt uns doch viel mehr,
drum fügen wir es fest.

Selbst wenn es wirklich gut uns geht,
stets bleiben Wünsche offen -
wenn Einheit und ein WIR entsteht,
darf man auf Zukunft hoffen.
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Gedicht der Woche - Kw 40 / 2004
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Fotos & Gedichte: © Klaus Ender